Illustration
Holes
Interview mit Karin Pernegger (2023) zur Serie Holes im Allgemeinen und zu dem Bild Holes, Staircase im Konkreten. Durchgeführt im Rahmen der Kunst-Ankäufe des Landes Tirol 2021.
KP: Warum interessiert dich die optische Täuschung als Impuls deiner Zeichnungen?
TM: Sie ist eng mit dem Thema der Wahrnehmung und der Erkenntnis verknüpft. Zum einen ist die optische Täuschung gut beschreib- und objektivierbar, gleichzeitig aber zeigt sie, wie mehrdeutig unsere Wahrnehmung von der Wirklichkeit sein kann und wie relevant es ist, welche Perspektive eingenommen wird. In dieser Ambivalenz finde ich die Auseinandersetzung mit optischen Täuschungen spannend.
KP: Wie erklärt sich in diesem Zusammenhang der Titel Holes, Staircase deines Werkes aus dem Jahr 2019?
TM: Es gibt eine ganze Serie, die sich Holes nennt. Sie widmet sich aalartigen Wesen und anderen Tieren, die sich in unmöglichen und geometrisch verschachtelten Räumen bewegen. Die Tiere bewegen sich dabei durch Löcher hindurch, sie befinden sich aber immer auch hinter diesen Löchern. Diese Öffnungen werden dadurch zu einem paradoxen Objekt, und die Lebewesen vollziehen eine unmögliche Bewegung, die nur im Spiel zwischen dem zweidimensionalen Papier und der dreidimensionalen Zeichnung darstellbar ist.
KP: Hat es eine bewusste Bewandtnis, dass du in deinen Zeichnungen Architekturen mit Aalen kombinierst?
TM: Handwerklich gedacht ist der Aal von seiner Anatomie her lang und formbar, damit lässt er sich gut in die Bilder einarbeiten. Inhaltlich geht es in meinen Arbeiten oft um das Verhältnis zwischen menschengemachten Räumen und solchen, die es schon vor den Menschen gab. Der Mensch ist zwar auch ein Tier, das abhängig ist von ökologischen und biologischen Prozessen, gleichzeitig können wir uns durch Sprache und Kultur von der Natur auf eine Art emanzipieren. Auch wenn dies viele Vorteile hat, ist die Zerstörung der Erde ein dezidierter Nachteil dieser Entfremdung, die nicht zuletzt uns selbst trifft.
Wie in einer optischen Täuschung befinden wir uns eben in gewisser Weise außerhalb der „Natur“, ohne sie jemals wirklich verlassen zu können.
KP: Die Tier-Mensch-Beziehung bezieht sich in deinen Arbeiten immer auf das Zeitalter des Anthropozäns mit dem menschengemachten Wandel des Ökosystems und dem Aussterben der Tierarten. Steht der Aal auch hierfür in dieser Arbeit?
TM: Das Bild kann auch als Dystopie gelesen werden, in der vom Menschen nur mehr überflutete architektonische Gerippe existieren, die von den nichtmenschlichen Tieren zurückerobert wurden. Die Tierwelt hat mich seit Anbeginn meiner Arbeit fasziniert, und das macht es unausweichlich, dass ich die Themen Ökologie und Biodiversität mitdenke.
Jahre: 2014, 2015, 2019, 2022
Techniken: Kugelschreiber- und Bleistiftillustration
Verfügbarkeit: